Teamname: FinK – Flexibel in Krisen
Hochschule: Philipps-Universität Marburg
Teammitglieder: Johanna Gliemann, Anna Utters
Webseite: www.fink-krisenstark.de
Wollt ihr euch kurz vorstellen?
Wir sind Anna Utters und Johanna Gliemann, und wir sind das Team hinter FinK – Flexibel in Krisen. Wir haben beide an der Philipps-Universität Marburg im Master „Motologie & Psychomotorik“ studiert und auch zusammen in einer WG gewohnt.
Wie kamt ihr zu eurer Idee und zu Hessen Ideen?
Im Studium haben wir viel zu psychosozialen Themen gelernt. Außerdem haben wir im Bereich Trauma-Fachberatung (Johanna) beziehungsweise Jugendhilfe (Anna) gearbeitet und uns hier auch weitergebildet. Wir haben immer wieder miteinander diskutiert, was man alles besser machen könnte, als wir es in Studium und Praxis gesehen haben. Uns ist aufgefallen, dass es wenig Konkretes für psychische Notfälle gibt. Da gibt es zum Beispiel keinen Erste-Hilfe-Kasten mit Hilfsmitteln wie das Verbandszeug für Wunden und keine konkrete Anleitung, wie man in einem Notfall reagiert. Für Hessen Ideen haben wir uns dann hingesetzt, alle unsere Ideen dazu aufgeschrieben und konkretisiert. Und dann haben wir uns fürs Stipendium beworben - und es hat geklappt!
Was bietet ihr konkret an?
Aufgrund unserer Erfahrungen aus der Praxis wissen wir, dass man sich in Krisensituationen oft etwas Handfestes wünscht, woran man sich festhalten kann. Durch die Motologie haben wir besser verstanden, dass der Körper etwas Haptisches braucht, um sich wieder in der Realität zu verankern. Deshalb bieten wir einen individuell bestückten Notfallkoffer für psychische Notfälle an und - dazu passend - Schulungen zur Nutzung des Koffers. Bei uns gibt es keinen Koffer ohne Schulungen. Wir schulen vor Ort, in den Einrichtungen, und wir schulen das ganze Team, denn es bringt ja nichts, wenn den Koffer nur eine*r benutzen kann.
Was ist im Notfallkoffer alles drin?
Unter anderem Duftöle, ein Igelball und ein Cool-Pack. Aber das sind nur Beispiele, denn wir schauen in der Schulung vor Ort immer zusammen mit den Fachkräften, was gebraucht wird und was rein soll. Wir bestücken den Koffer zusammen und machen Vorschläge aus unserem Repertoire.
Wer sind eure Kund*innenn?
Wir haben uns erstmal auf „professionell Helfende“ fokussiert, also pädagogische Einrichtungen mit Wohngruppen und eine psychosomatische Suchtklinik, um das Produkt zu testen. Aber jedes Mal, wenn wir die Idee irgendwo vorstellen, kriegen wir weitere Ideen zur Verwendung genannt. Das ist sehr hilfreich und es gibt viele potenzielle Kund*innen.
Ihr habt 2024 ein Hessen Ideen Stipendium erhalten – von welchen Mehrwerten habt ihr am meisten profitiert?
Am meisten hat uns der Austausch mit den anderen Teams und den Coaches geholfen. Die Informationen, die im Accelerator an uns weitergegeben wurden, waren zwar sehr hilfreich, noch mehr aber haben wir vom persönlichen Austausch mitnehmen können. Das gegenseitige Mutmachen und Ideengeben, die Kontakte und das „Ah, da kenne ich jemanden, ich leite euch den Kontakt weiter!“ aller Beteiligten haben uns enorm nach vorne gebracht.
Was hat sich durch die Teilnahme am Stipendium für euch verändert?
Durch die Teilnahmen haben wir überhaupt erst die Möglichkeit bekommen, unsere Idee weiterzuentwickeln. Als das Stipendium startete, kamen wir beide frisch aus dem Masterstudium. Ohne die finanzielle und andauernde persönliche Unterstützung von HessenIdeen hätten wir die Idee nicht in die Realität umsetzen können. Nun haben wir bereits unseren ersten Prototypen und können schon Schulungen für interessierte Einrichtungen anbieten.
Welche Herausforderungen habt ihr während eurer Gründungsreise bisher erlebt und wie habt ihr diese überwunden?
Eine große Herausforderung für uns war die Entwicklung des Geschäftsmodells. Durch die Beratung der Coaches konnten wir diese Herausforderung für den Moment zumindest gut überwinden. Durch die Beratung und die Gespräche mit anderen (auch ehemaligen) Teams haben wir außerdem gelernt, dass es in Ordnung ist, Dinge für den Moment zu beschließen und offen zu bleiben, dass sich die Idee und die Umsetzung verändern dürfen.
Eine andere Herausforderung für uns ist, eine Balance zwischen „FinK-Talk“ und Freundinnenschaft zu finden. Wir sind gut miteinander befreundet, kennen uns gut und ergänzen uns in der Gründung deshalb sehr gut. Gleichzeitig mussten und müssen wir Strukturen etablieren, wie wir auch Aktivitäten als Freundinnen erleben können, ohne dass es dauerhaft um Themen rund um FinK geht. Auch dabei half und hilft der persönliche Austausch mit anderen. Wir legten konkrete Arbeitszeiten fest, außerhalb derer wir versuchen, nicht über FinK zu sprechen zum Beispiel. (Natürlich klappt das mal besser und mal weniger gut)
Welche Meilensteine habt ihr bereits erreicht?
Als wichtiger Meilenstein relativ am Anfang war die erfolgreiche Teilnahme am EXIST Women Stipendium. Wir konnten bereits die ersten Module unserer Schulung testen und auch evaluieren, sodass wir diese schon anbieten können. Diese konnten wir sowohl in pädagogischen Einrichtungen durchführen als auch in einer psychosomatischen Suchtklinik, wo wir das medizinische Fachpersonal schulten. Damit haben wir also unsere Zielgruppe erweitern können. Seit einigen Wochen existiert ein erster Prototyp des Erste-Hilfe-Koffers, auf den wir auch sehr stolz sind und mit dem wir nach ein paar Verbesserungen in Produktion gehen möchten.
In welcher Phase befindet Ihr Euch gerade?
Aktuell sind wir eine GbR. Wir arbeiten beide noch 20 Stunden in der Woche in einem anderen Job. Wir wollen nichts überstürzen und wir lieben die praktische Arbeit. Deshalb werden wir das vorerst auch so beibehalten.
Wie geht es jetzt für euch weiter? / Welche Ziele habt ihr euch für 2025 gesetzt?
Unsere wichtigsten Ziele für 2025 sind die Evaluation der weiteren Schulungsmodule, die Serienproduktion des Koffers und die Gründung. Außerdem möchten wir FinK bekannter machen und perspektivisch Multiplikator*innen ausbilden, durch die wir mehr Schulungen deutschlandweit anbieten können.
Welche Erfahrungen habt ihr als weibliche Gründerinnen gemacht und welche Learnings wollt ihr gern mit uns teilen?
Nicht einschüchtern lassen! Gerade wenn ihr von anderen hört, was die schon alles erreicht haben. Außerdem hatten wir vor allem anfangs mit Imposter-Syndrom zu kämpfen. Wir hatten immer das Gefühl, als Pädagoginnen zu wenig von Wirtschaft zu verstehen, um zu gründen. Da mussten wir lernen umzudenken und selbstbewusster zu werden. Auch weil wir nach Vorbildern, vor allem im sozialen Bereich gesucht haben, aber nur wenig, besonders weibliche, gefunden haben. Jetzt haben wir das Ziel, selbst Vorbilder zu werden. Ein weiteres Learning: man darf Meilensteine feiern und zu diesem Anlass auch mal zurückschauen, was man alles schon erreicht hat, statt immer nur zum nächsten Schritt zu hetzen. Last but not least: man kann nicht immer alle Eventualitäten einplanen. Wir entwickeln uns im Tun.